Alles deutet darauf hin, dass es kaum politischen Willen gibt, eine sachliche Diskussion über die Lösungen der sozialen und wirtschaftlichen Probleme in den Bergbauregionen aufzunehmen. Energiepolitische Konsequenzen des Wahlsieges des nationalkonservativen Andrzej Duda bei der Präsidentschaftswahl in Polen
Neben der Senkung des Rentenalters und der Erhöhung des Steuerfreibetrags, die zu den Hauptparolen in der Wahlkampagne des nationalkonservativen Kandidaten Andrzej Duda gehörten, war auch die Energiepolitik deutlich präsent. Widerstand gegen die europäische Energie- und Klimapolitik, offene Verteidigung der Argumente für die Erhaltung der unrentablen Minen in den schlesischen Regionen sowie Diversifizierung der Gasleitungen – um diese Themen kreisten die Äußerungen des neugewählten Staatspräsidenten. Wird er die energiepolitischen Erklärungen seiner Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) während seiner Amtszeit vertreten, würde dies zusätzlich noch Widerstand gegen Windenergieanlagen und eine wohl marginale Unterstützung von Erneuerbaren Energien bedeuten. Alles spricht dafür, dass in der energiepolitischen Strategie Polens der derzeitige Status quo beibehalten bleibt.
Zugewinne in den Kohleregionen
Aufgrund der sozial-ökonomischen Situation in Polen, angefeuert durch die massiven Proteste in Oberschlesien gegen die Regierungspläne zur Restrukturierung des Bergbaus, tauchten in der Wahlkampagne auch die energiepolitischen Argumente auf. Steinkohle-Subventionen und Schließung von Bergbaugruben haben in dem erfolgreichen Wahlkampf von Andrzej Duda einen sichtbaren Platz eingenommen. Das derzeitige, auf der Kohle-Monokultur großer Kraftwerke basierte Modell der Energiepolitik konnte von ihm bestätigt werden. „Polnische Energiewirtschaft beruht auf Kohle. Und so sollte es auch bleiben“ sprach er zu seinen potentiellen Wählern in Katowice. Die Einschränkung der Kohleverfeuerung wird von Andrzej Duda als größte Gefährdung für den polnischen Energiesektor genannt. Jedoch außer der Deklarationen, alles für die Einhaltung der gefährdeten Arbeitsplätze in den Kohleregionen und für die Modernisierung dieses Sektors tun zu wollen, kamen von ihm keinerlei Vorschläge für konkrete Lösungen zur Rettung der verschuldeten, praktisch bankrotten Bergbauunternehmen, wie etwa der Kompania Węglowa. Äußerungen von ihm wie: „Polen besitzt 90 Prozent aller europäischen Kohlevorkommen, die uns noch für mindestens 200 Jahre reichen“ deuten darauf hin, dass es kaum politischen Willen gibt, eine sachliche Diskussion über die Lösungen der sozialen und wirtschaftlichen Probleme in den Bergbauregionen und ihre unvermeidliche Umstrukturierung aufzunehmen.
Ambivalenz gegenüber Erneuerbaren und Kernkraft
Die Thematik der erneuerbaren Energiequellen, vor allem der Windkraft, ist für die konservative PiS-Partei, aus der Andrzej Duda stammt, ambivalent. Auf der einen Seite, konnte das neue Gesetz über die Regelung der Förderung der Erneuerbaren Energien in Polen nur mit den Stimmen der PiS im Sejm verbschiedet werden (weil die Mehrheit der regierenden PO dagegen war), auf der anderen Seite interessierte das Thema im Wahlkampf nicht: Andrzej Duda offenbarte seine Einstellungen und Vorstellungen gegenüber Erneuerbaren Energien kaum. In den wenigen bekannt gewordenen Aussagen sprach sich Andrzej Duda lediglich für das Gesetz über „Schutzabstände der Windparkanlagen zu Wohnorten“ aus, dessen verschärfte Fassung von PiS unterstützt wurde.
Die Einstellung der Partei Recht und Gerechtigkeit zur Kernenergie ist ebenfalls kontrovers. Einerseits wird der Einstieg in die Kernenergie als technologischer Fortschritt und Chance für lukrative, internationale Handelsverträge gesehen, andererseits hat Duda die Argumente der finanziellen Belastung, der geringen Wirtschaftlichkeit sowie des Widerstandes der lokalen Aktivisten und Aktivistinnen im Wahlkampf offiziell sehr ernst genommen.
Bei der Programmanalyse und -vergleich der größten Parteien im polnischen Parlament, d.h. der regierenden, liberal-konservativen PO und der oppositionellen, nationalkonservativen PiS zur Energie- und Klimapolitik kommt man zu der Erkenntnis, dass die Programme sich kaum voneinander unterscheiden. Daher sind auch signifikante Änderungen in der energiepolitischen Schwerpunktsetzung in Polen nach der Wahl von Andrzej Duda zum Staatspräsidenten zur Zeit nicht in Sicht.